Interview mit Athena Costantini, Kader-Distanzreiterin aus dem Tessin und zweimalige Schweizermeisterin (2013 & 2024).
Interview & Text: Jenny Commons, Athena Costantini
Liebe Athena, vielen Dank, dass du meine heutige Interview-Partnerin bist, für das Projekt "Distanzreitsport.ch".
Im September wurdest du, mit deiner 7-jährigen Vollblutaraber Stute "Jalshain Ibn Faraon", in Lodrino, zur neuen Schweizermeisterin gekürt. Was bedeutet dieser Sieg für dich?
Liebe Jenny, ich danke dir für dieses Interview.
Der Gewinn der Schweizermeisterschaft ist für mich ein wahr gewordener Traum und mein lang ersehntes Ziel für diese Saison.
Ich habe Jalshain’s Mutter "Julliette" allein aufgezogen, seit sie 8 Monate alt war und wir haben 2013 den Schweizermeister-Titel errungen. Jalshain wurde mir in die Wiege gelegt und ist in einem familiären Umfeld aufgewachsen. Es ist wunderbar, dieses Resultat zu erreichen. Sowohl Mama als auch Papa "Faraon" waren Schweizermeister und nun auch Tochter Jalshain.
2013 gewannst du in Eiken, mit Jalshain's Mutter "JULLIETTE", bereits einmal die Schweizermeisterschaft. Wie fühlt es sich an, mit Mutter und Tochter diesen Titel geholt zuhaben?
Es ist ein solches Glück. Und es bedeutet, dass die Gene gut sind, die Vorbereitung richtig war und wir so zum erhofften Ergebnis kamen.
Im rasanten Finish an der Schweizermeisterschaft 2013, dicht hinter euch auf Rang 3, kam der Hengst "Faraon Ibn Moghar" ins Ziel. Er ist der Vater von Jalshain. Wie kam es zu dieser Anpaarung?
Faraon's Besitzerin Tanja und ich, reiten seit über 10 Jahren viele Rennen zusammen und die Pferde haben sich während der Rennen in den Pausen sozusagen 'verliebt'. Während den Rennen hatten sie eine ähnliches Tempo und verstanden sich gut.
Eines Tages rief ich Tanja an und fragte sie, was sie von einem Fohlen halten würde. "Natürlich", antwortete
sie und so brachte ich meine schöne Julliette zu Faraon. So entstand Jalsahin.
Was sind deine langfristigen Ziele im Distanzreitsport?
Ich würde gerne 160 km mit Jalshain erreichen. Der Traum für das Jahr 2025 ist es, uns über 120 km zu qualifizieren.
Aber das Wichtigste für mich ist, dass ich alles mit Respekt vor Jalshain’s Potenzial, ihren Fähigkeiten und vor allem ihrer Gesundheit tue. Ich glaube, nur so können wir weit kommen. Und ich würde auch eine Prise Glück hinzufügen.
An welchem Distanzritt möchtest du unbedingt gerne mal selber mitreiten?
Eine bereichernde Erfahrung könnten die Weltmeisterschaften der jungen Pferde sein, die 2025 in Frankreich stattfindet. Ich habe die Weltmeisterschaft der jungen Pferde 2024, an der Markus Hafner teilgenommen hat, sehr genau verfolgt und viel von seinen Erfahrungen gelernt.
Mit was für Schwierigkeiten, wurdest du an einem Ritt schon konfrontiert? Und wie hast du sie gelöst?
Das Wohlbefinden des Pferdes ist mir sehr wichtig. Reisen im Sommer können ein Problem sein. Es ist mir schon passiert, dass die Stute sehr verschwitzt am Turnierort ankommt, was ein ernstes Problem ist, wenn man ein Distanzrennen bestreiten will. Dehydrierung kann die Leistung des Pferdes stark beeinträchtigen.
Ich habe das Problem gelöst, indem ich immer ein paar Tage vor der Veranstaltung abreise, um dem Pferd Zeit zu geben, sich von der Müdigkeit der Reise zu erholen. Die Belüftung im Anhänger ist von grundlegender Bedeutung, daher habe ich den Anhänger mit einigen Modifikationen ausgestattet. Und, falls es nicht möglich ist, nachts oder frühmorgens zu reisen, habe ich eine Decke, die die Temperatur des Pferdes aufrechterhält und die Möglichkeit des übermässigen Schwitzens verringert.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass ich immer Wasser von zu Hause mitbringe. Denn ich habe gelernt, dass bei vielen Rennen das Wasser nicht nach dem Geschmack des Pferdes ist. Es gibt nichts Schlimmeres, als mit einem Pferd, das nicht trinkt, weit weg von zu Hause zu sein und sich einem Rennen stellen zu müssen. Wasser von zu Hause rettet immer den Tag.
Erzähle uns von einem ganz speziellen Endurance-Moment, der dir immer in Erinnerung bleiben wird.
Das ist eine schwierige Frage, denn es gibt viele Momente, die mit schönen Gefühlen und Erinnerungen verbunden sind und jedes Rennen ist ein Abenteuer. Aber ich möchte von dem Moment erzählen, wenn das Rennen beginnt. Es ist sehr früh am Morgen und das einzige Geräusch, das man hört, ist das Atmen der Pferde. In diesem Moment verschwindet die Aufregung, die Konzentration ist da und die Vereinigung mit dem Pferd ist stark. Sowohl der Reiter, als auch das Pferd wissen, was sie zu tun haben. Es ist eine magische Verbindung, der Gang des Pferdes wird regelmässig und die Welt macht Sinn. Beide werden sich für den Erfolg des Tages aufopfern, aber der Gedanke wird immer sein, ihn gemeinsam und mit so viel Sorge füreinander zu bewältigen. Das ist die Magie dieses Sports: Endurance!
Was machst du, wenn du nicht gerade im Sattel bist?
Wenn ich nicht reite, findet man mich bei der Arbeit. Ich habe vor kurzem meine Tierarztpraxis eröffnet, die viel Engagement erfordert.
In der Schweiz ist Distanzreiten (noch) nicht so bekannt. Was braucht es, damit wir die Publicity für unseren Sport weiter verbessern können?
Leider ist das wahr, die Disziplin sollte in den Reitschulen viel mehr bekannt gemacht werden, gleichberechtigt mit anderen Disziplinen wie Springen und Dressur. Wenn Kinder das Brevet machen, sollte auch das Distanzreiten eine Disziplin sein, die man kennen und ausprobieren sollte. Die Fotos und Resultate in dem Magazinen, sollten nicht nur die von Springen und Dressur sein,
sondern es sollte mehr Artikel, Videos und Fotos geben, die über unsere Disziplin berichten.
Es wäre auch schön, wenn es Reitshops gäbe, die auch Ausrüstungen für den Distanzsport verkaufen...
Als Abschluss-Frage, eine Frage, die ich allen Interview-Partnern stelle: «Was wünschst du dem (Schweizer) Distanzreitsport für die Zukunft?»
Ich hoffe auf mehr Aufgeschlossenheit, man kann immer von Leuten lernen, die mehr wissen als wir... Und wir haben Nachbarländer, die den Distanzreitsport viel mehr praktizieren als die Schweiz, wie z.B. Italien und Frankreich. In internationalen Wettkämpfen haben sie wichtige Ergebnisse und sind stark. Wir müssen von ihnen lernen. Um in dieser Disziplin, die sich sehr schnell entwickelt hat, zu wachsen, brauchen wir Menschen, die offen für Veränderungen sind, sonst haben wir keine Zukunft.
Vielen Dank, liebe Athena, für deine Zeit und das Interview!